von Albert Glossner, 15. Juni 2016
Noch eine meiner Lieblingsmethoden! Was ich an „Rettet die 100er“ so liebe ist, dass diese Methode die Lust am Zocken mit einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Lernstoff verbindet. Gut geeignet also beispielsweise für Technische Trainings. Also auch für (männliche) Teilnehmer, die im Ruf stehen, nicht gerade die spielfreudigsten zu sein.
Meistens setze ich das Spiel ein, wenn es darum geht, fachliche Inhalte zu wiederholen oder die Anwendung der erlernten Inhalte auf die Lösung von Praxisproblemen zu üben. Aber auch zum Einstieg in ein Thema kann diese Methode eingesetzt werden. Wie funktioniert sie genau?
Das Spiel braucht etwas Vorbereitung: Als Trainer musst Du zunächst Fragen und dazugehörende Antwortmöglichkeiten zum Lernstoff entwickeln. Wie multiple choice Fragen: Eine Frage, mehrere mögliche Antworten. Mein Tipp: die Fragen dürfen gerne knifflig und schwierig sein. Zu einfache Antworten nehmen dem Spiel seinen Reiz. Denkbar ist auch, dass es zu einer Frage zwei richtige und eine falsche Antwort gibt. Die Empfehlung ist, Fragen und Antworten jeweils auf A4-Blätter auszudrucken, pro Frage und pro Antwort ein Blatt.
Dann werden „100er“ benötigt, also Spiel-Geld, 100-er Noten. Im unternehmensinternen Kontext hat es einen besonderen Reiz, wenn die Geldscheine eine fiktive Unternehmenswährung darstellen. So sind mir beispielsweise „Jungheinrich-Dollar“ und „1&1-Euro“ bekannt, demnächst werden wir die „abb-Taler“ einführen. Für das Spiel werden, je nach Gruppengröße, 30-60 solcher Geldscheine benötigt.
Zur Durchführung braucht es mehrere Teams mit jeweils 2 oder 3 Teilnehmern in einem Team. Am einfachsten ist, wenn alle im Stuhlkreis sitzen und die jeweiligen Teams sich nebeneinander setzen.
Zunächst verteilst Du an jedes Team zehn 100er als Startkapital und erklärst die Regeln. Dass es darum geht, die 100er klug zu setzen und am Ende noch möglichst viele davon zu behalten – oder dazu zu gewinnen. Du liest die erste Frage und stellst die drei Antwortmöglichkeiten vor. Du legst die drei Antwortmöglichkeiten gut lesbar auf den Boden (bzw. heftest sie an eine Pinwand).
Nun bittest Du die Teams zu beraten, welches die richtige Antwort ist. Wenn das Team entschieden hat, legt es seine 100er auf die entsprechende Antwort. Es ist aber auch möglich, die Summe zu splitten, z.B. acht 100er auf Antwort 1 und zwei 100er auf Antwort 3. Pro Fragerunde muss aber jedes Team sein gesamtes Geld setzen. Erfahrungsgemäß benötigen die Teams einige Zeit zu besprechen, wie sie ihr Geld setzen. Diese Zeit ist wertvolle, intensive und aktive Auseinandersetzung mit dem Lernstoff. Daher empfehle ich, den Teams die Zeit zu geben, die sie benötigen. Allerdings verliert das Spiel auch seinen Reiz, wenn endlos diskutiert wird. So dränge ich ab einem Zeitpunkt auch darauf, sich zu entscheiden. Wenn alles Geld aller Teams gesetzt ist, veröffentliche ich die richtige Antwort und sammle all das Geld ein, das auf falschen Antworten liegt. Das richtig gesetzte Geld erhalten die Teams zurück.
Wenn Du mit der Variante arbeitest, dass mehr als nur eine Antwort richtig sein kann, dann empfehle ich, mit folgenden Alternativen zu arbeiten, das Geld zu setzen: Antwort 1, Antwort 2, Antwort 3, Antwort 1 + 2, Antwort 1+3, Antwort 2+3. Dies beinhaltet nun gleich sechs Möglichkeiten, das Geld zu setzen und nur eine Möglichkeit ist richtig. Dies erhöht natürlich den Schwierigkeitsgrad.
Da es immer wieder mal vorkommt, dass an einem Zeitpunkt ein Team kein Geld mehr hat, habe ich die Regel eingeführt, dass pro Runde jedes Team einen frischen 100er erhält.
Die Dauer des Spiels ist von der Anzahl der Fragen abhängig. Durchaus realistisch ist, für 10 Fragen 30-40 min einzuplanen. Zum Zweck der Prüfungsvorbereitung habe ich auch schon mit 30 Fragen gearbeitet, dann sind gut 1,5 Stunden nötig.
Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass Teilnehmer bei diesem Spiel hellwach und voll dabei sind, meistens verbunden mit einer Menge Spaß, und sie sich hochkonzentriert mit den Inhalten auseinandersetzen. Wie bereits gesagt, ich empfehle für dieses Spiel möglichst schwierige, aber noch eindeutig lösbare Frage-Antwort-Kombinationen. Auch für Schätzfragen ist dieses Spiel gut geeignet.
Die Anwendung liegt vor allem in der Wiederholung der Inhalte. Aber auch transferorientierte Fragen können hier gut eingesetzt werden. So habe ich erlebt, dass technische Trainer als Fragen praktisch auftretende Probleme gewählt haben und mögliche Ursachen bzw. Problemlöseschritte als Antwortmöglichkeiten.
Es ist aber auch möglich, das Spiel als Einstieg in ein neues Thema zu nutzen. Vorausgesetzt, ein gewisses Vorwissen ist schon vorhanden (wie z.B. bei Refresher-Trainings).
Dieses Spiel ist natürlich für fachliche Trainings besonders geeignet, hier aber für alle Themen. Bislang habe ich mit dieser Methode nur gute Erfahrungen gemacht. Natürlich springen die Teilnehmer auf dieses Spiel besonders an, deren „Zocker-Gen“ besonders stark ausgeprägt ist, also oft Männer.
Dieses Lernspiel stellen wir auch im Modul Zaubern unserer Trainerausbildung vor und dort hast Du auch die Möglichkeit, dieses wie auch andere Lernspiele selbst zu erleben und auch ein eigenes Spiel zu entwickeln, zu erproben und Feedback zu erhalten.
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